Agile Vorgehensmodelle im Überblick Teil 1: Agile Werte
Agile Werte
Agile Methoden gibt es viele, doch nicht jede ist für jeden Zweck geeignet. Lesen Sie in unserer Blogreihe, auf welchen Werten Agilität beruht, lernen Sie die bekanntesten agilen Frameworks wie Scrum, Design Thinking oder Kanban näher kennen und erfahren Sie, wann welche die meisten Vorteile bringen.
Alle wollen agil sein – doch was heißt das genau? Fragen wir unsere Kunden, dann hören wir oft: „Es geht schneller. Ich muss nicht so genau wissen, was ich machen möchte/soll. Ich brauche keinen Plan. Ich bin flexibler.“ Nun, nicht alle diese Behauptungen treffen den ureigenen Entstehungssinn von agilen Vorgehensmodellen. Widmen wir uns daher zuerst den Werten, die hinter agilen Vorgehensweisen stehen und was diese für Menschen, Projekte und Organisationen bedeuten.
Agile Werte
Der Ursprung der agilen Methoden (z. B. Scrum) liegt in der Softwareentwicklung, wo Änderungen oftmals nicht nur auf der Tagesordnung stehen, sondern sogar einen Wettbewerbsvorteil darstellen können, also in Projekten, die sich vor allem durch ihre hohe Dynamik z. B. der Anforderungen, Technologien, Marktbedingungen etc. auszeichnen.
Gehen wir ca. 20 Jahre in die Vergangenheit, in das Jahr 2001 zurück. Hier trafen sich 17 erfahrene Softwareentwickler (u. a. Ken Schwaber, Jeff Sutherland und Mike Beedle) mit dem Ziel, eine gemeinsame Grundlage für einen agilen Ansatz zu finden; daraus entstand das Agile Manifest, welches als grundsätzliche Wertehaltung für die darauf basierenden agilen Methoden zu verstehen ist. Ohne nun dieses Manifest detailliert abhandeln zu wollen, ist es jedoch wichtig, das dahinterliegende Wertesystem zu kennen. Denn dieses Wertesystem liegt zum einen allen agilen Ansätzen zugrunde und kann zum anderen eine massive Auswirkung auf betroffene Organisationen haben.
Doch von welchen agilen Werten sprechen wir hier? Schon ein kleiner Auszug macht schnell die Richtung klar, geht es doch um:
- selbstorganisierte, selbstgeführte Teams
- Selbstreflexion
- Kundenzufriedenheit, die im Mittelpunkt steht
- Face-to-Face-Kommunikation
- Änderungen der Anforderungen sind willkommen
- Unterstützung und Vertrauen
Was heißt das nun für die betroffenen Organisationen?
Stellen Sie sich ein über viele Jahre traditionell (hierarchisch) geführtes Unternehmen vor: Wie leicht ist es, in einem solchen Unternehmen Mitarbeiter zu selbstorganisierten Teams ohne Führungsperson zu entwickeln? Genau anders herum könnte es sich in einem jungen Start-up-Unternehmen verhalten. Hier könnte die bestehende Unternehmenskultur schon eine sehr gute Basis für agile Vorgehensmodelle darstellen. Es ist vielleicht schon erkennbar, dass es bei agilen Vorgehensmodellen nicht ausschließlich darum geht, die Methoden und Techniken gut zu kennen und zu können, sondern auch darum, das Wertesystem im Unternehmen als Basis für die Methoden zu generieren.
Die vier Werte des Agilen Manifests
Die vier Werte des Agilen Manifests
1. Individuen und Interaktionen haben Vorrang vor Prozessen und Tools.
Ein Grundpfeiler agiler Entwicklungen ist, dass Kommunikation und zwischenmenschliche Beziehungen höher bewertet werden als streng geregelte Prozesse oder Abläufe. Anstatt rigide, vorab vereinbarte Abläufe einzuhalten und somit weniger auf Veränderungen und Kundenbedürfnisse eingehen zu können, wird eine Herangehensweise, bei der Teams ständig in Kontakt miteinander bleiben, vom agilen Ansatz bevorzugt.
2. Funktionierende Produkte gelten mehr als ausführliche Dokumentation.
Damit ist nicht die Abschaffung jeglicher Dokumentation gemeint, sondern dass sie auf das Notwendige reduziert werden sollte. Dem Team sollte „nur“ das gegeben werden, was es braucht, um seine Arbeit zu erledigen.
3. Die stetige Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen
Projekte sollen nicht mit langwierigen Vertragsverhandlungen und -adaptionen belastet werden. Vielmehr sollte der Kunde von Anfang an in die Produktentwicklung einbezogen werden und das Projekt vom Feedback und Austausch mit den Stakeholdern leben.
4. Der Mut und die Offenheit für Änderungen sind wichtiger als das Befolgen eines strikten Plans
Agiles Projektmanagement zeichnet sich besonders durch seine hohe Reaktionsgeschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit an neue Herausforderungen aus. Und dafür sind Möglichkeiten zu schaffen, das Team flexibel und schnell auf neue Anforderungen reagieren zu lassen.
Zusammengefasst kann man festhalten:
- Agile Werte bilden das Fundament und die Handlungsgrundsätze
- Agile Methoden geben agilen Techniken eine Gesamtstruktur
- Agile Techniken sind konkrete Verfahren zur Umsetzung der agilen Methoden.
Klassische Projektmanagement-Planung vs. agile Vorgehensweise
Agile Methoden
Es gibt eine Fülle an agilen Methoden, und man könnte das Gefühl haben, dass es täglich mehr werden. Die Studie „Status Quo Agile“¹ hat u. a. Scrum, Kanban und Design Thinking als (zentral) bedeutend in der Verbreitung und Nutzung von agilen Methoden identifiziert – und diesen Methoden möchten wir uns auch in unserer Blogserie widmen.
Scrum
Scrum ist ein Vorgehensmodell (Sammlung von Arbeitstechniken, Strukturen, Rollen und Methoden), das wenige Regeln trifft, denn hier organisieren sich Teams weitgehend selbst und wählen auch selbst die eingesetzten Methoden. Die Grundidee ist, dass eine Entwicklung nicht von Anfang bis Ende geplant wird, sondern iterativ mit kurzen Feedback-Schleifen, den sogenannten Sprints, entwickelt wird. Ursächlich aus der Softwareentwicklung kommend etablierte sich Scrum auch in anderen Branchen, z. B. in der Grundlagenentwicklung oder bei hoher Volatilität in den Projektanforderungen und im Projektumfeld.
Kanban
Ein Kanban-Board oft drei Spalten: „Offen“, „In Bearbeitung“ und „Erledigt“. Arbeitselemente befinden sich je nach Status in den entsprechenden Bereichen, die Abarbeitung der Tätigkeiten erfolgt durch das Pull-Prinzip. Kanban ist aber mehr als das beschriebene Kanban-Board. Ursprünglich zur Unterstützung des Produktionsprozesses entwickelt, hat sich Kanban als Methode für agiles Prozess- und Projektmanagement etabliert. Kanban macht Arbeitsabläufe flexibler, limitiert den Work in Progress, optimiert den Workflow, führt evolutionäre Verbesserungen durch und steigert so letztendlich die Qualität und Produktivität des Endproduktes.
Design Thinking
Design Thinking ist ein Managementinstrument, in dem kreative und analytische Methoden vereint werden. Design Thinking will möglichst viel kreatives Potenzial bei allen Stakeholdern eines Innovationsvorhabens freisetzen, um systematisch komplexe Probleme nutzerorientiert zu lösen.
Quelle: 1 Status Quo Agile, Studie zu Verbreitung und Nutzen agiler Methoden, FH Koblenz 2020, https://www.hs-koblenz.de/bpm-labor/status-quo-scaled-agile-2020, DL 20.04.2022
Was ist los.
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